Laufenburgs erster Burgschreiber Markus Manfred Jung möchte die alemannische Sprache am Leben erhalten
Geschrieben: 14. März 2019 | Autor: oliverg | Kategorisiert unter: Allgemein | Keine Kommentare »
Links: Bürgermeister Krieger (D), rechts Stadtammann Weiss (CH), Mitte: Burgschreiber Markus Manfred Jung
Foto: Roswitha Frey
Von Roswitha Frey, beides mit Genehmigung, danke.
So, 10. März 2019
LAUFENBURG. Seit einer Woche ist der Autor Markus Manfred Jung als erster Burgschreiber von Laufenburg in Aktion. Er hat sein Quartier im schweizerischen Laufenburg bezogen, sammelt Ideen fürs Schreiben und hat überall sein Notizbüchlein dabei. Dies verriet der Dichter aus dem Kleinen Wiesental bei der Auftaktveranstaltung am Freitag in der Kultschüür, wo er einiges aus seiner Mundartlyrik, Geschichten und Alltagsglossen vortrug.
Bei diesem Anlass überreichten Bürgermeister Ulrich Krieger und Stadtammann Herbert Weiss dem Literaten die Burgschreiber-Urkunde. Als Moderator begrüßte Martin Willi, der zusammen mit Ideengeberin Petra Gabriel dieses Kulturstipendium beider Laufenburg initiiert hat, auch Regierungsrätin Franziska Roth vom Kanton Aargau unter den Ehrengästen. Literatur zu fördern, dem geschriebenen Wort zu mehr Beachtung zu verhelfen, und nicht zuletzt ein Werbeeffekt für die beiden Städte: Das waren Auslöser für dieses Stipendium, das von den beiden Städten unterstützt wird. Der Burgschreiber hat während seines dreimonatigen Aufenthalts freie Hand, was er aus dem vorgegebenen Thema „Ankommen“ mit Bezug zu Laufenburg macht. Es könne, wie Willi spekulierte, ein Gedichtband werden, ein Theaterstück oder ein Liebesroman…
Sein Notizbuch sei schon nach einer Woche so voll, dass er gleich loslegen könne, sagte Markus Manfred Jung. Er fühle sich hier sehr wohl, dankte er seinen Gastgebern, aber auch den Historikern Hannes Burger und Martin Blümcke, die ihm die Türen zu Museen und Archiven öffnen. Viele Leute hätten ihn schon angesprochen und ihm Tipps gegeben. „Eine einzige Eloge, ein Loblied auf Laufenburg“ zu schreiben, wäre aber zu langweilig, meinte Jung, dem als Ideal ein zwölfteiliger Gedichtzyklus vorschwebt.
Die Ansprüche an ein solches Stipendium seien „nicht ohne“, weiß der arrivierte Autor und pensionierte Gymnasiallehrer aus Hohenegg. Im Moment arbeite er jeden Morgen daran, aus einem Tagebuch in alemannischer Sprache, das er während einer Wanderung durch die Schweiz bis nach Italien geführt hat, einen größeren Prosatext zu machen. Darin verarbeitet er Gedanken über das Aufbrechen, das Ankommen, Wehmut, das Unterwegssein und die Begegnungen auf dieser Wanderung.
Auch Laufenburg spiele darin eine Rolle, erzählte der 65-Jährige, der die drei Seiten seines literarischen Schaffens als Theaterautor, Kolumnist und Mundartlyriker vorstellte. So hat er mehrere Theaterstücke für Herrischried geschrieben, auch ein Historienspiel für Laufenburg, betitelt „D Bluetschuld vo Laufenburg“, über Geschehnisse im Dreißigjährigen Krieg und einen mutigen Pfarrer, der unter Folter einen Entflohenen nicht verraten hat. In der Mundartlyrik sei es ihm wichtig, die alemannische Sprache am Leben zu erhalten, damit sie nicht im Museum lande. Aus den Bänden „Verruckt kommod“ und „Gopaloni“ las Jung einige Gedichte und Geschichten, in denen er Alltagseindrücke auf den Punkt bringt. So das jahreszeitlich passende „Früehlig“ über die Sehnsucht, nach einem langen Winter mit offenem Verdeck zu fahren und von Erdbeeren und Spargel zu träumen. Weil am Freitag internationaler Frauentag war, las Jung den Text „Mona Lisa“ über eine Beobachtung in einem Café in der Kaiserstraße in Waldshut, wo eine Dame mit lackierten Nägeln ungeniert ihren Kaugummi unter den Tisch klebte. In „Ganz kulant“ glossiert er voller Ironie seine Erlebnisse auf einer Bank in Basel. Auch die Handy-Manie nimmt Jung aufs Korn in Texten über eine Schweizerin, die übers Natel fragt: „Hesch mi Message übercho?“, und eine junge Frau auf dem Markt, die sich am Handy über das Schlangestehen beim Kartoffelstand aufregt. Wie genau und kritisch-satirisch er seine Umwelt beobachtet, wie innovativ und pointiert er die alemannischen Sprache einsetzt, hörte man in Gedichten, die mit der Gegend zu tun haben. Seine Hebel-Verehrung verflocht Jung in dem eindrücklichen Gedicht über den Totentanz in Basel. Zum Schluss trägt er ein neues Gedicht vor, „Dä Nebel“, in dem er den Nebel bildhaft und atmosphärisch dicht als gezupfte Wolle und Milchsuppe beschreibt.
„Viel Inspiration, Ideen und eine gute Zeit in Laufenburg“ wünschten Willi und die Stadtoberhäupter dem Burgschreiber. Bürgermeister Ulrich Krieger fand es wichtig, in digitalen Zeiten von Twitter und Facebook der literarischen Sprache und dem Buch mehr Bedeutung und Wert beizumessen. Deshalb freue er sich, mit Jung einen Schriftsteller hier zu haben, der die Mundart pflegt und Literatur für alle Generationen erlebbar macht.
Jung wird in den kommenden Wochen an der Kreisschule einen Workshop mit Schülern machen und bei einem Frühschoppen in der Kulturwerkstatt Sulz und in der Bibliothek lesen. Im April zieht er ins badische Laufenburg um, wo er in der Hans Thoma-Schule eine Stunde abhält und bei Buch & Café am Andelsbach und in der Stadtbücherei Lesungen macht. Roswitha Frey
Termine des Burgschreibers: Lesung am 24. April, 19.30 Uhr bei Buch & Café am Andelsbach, 25. Mai, 19 Uhr, Abschlusslesung in der Stadtbücherei
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